Der Ernährungsrat Gießen ist Mitglieder der Hessischen Allianz
Pressemitteilung der hessischen Allianz für die Agrar- und Ernährungswende zur Veranstaltung „”Neue Gentechnik” bald auf Acker und Teller? – Was bedeutet der aktuelle EU-Vorschlag für Wahlfreiheit, Züchtung und Patente?“ auf dem Dottenfelder Hof am 03.07.2023
Neuer Gentechnik-Gesetzentwurf der EU greift viel zu kurz! – Hessische Allianz für die Agrar- und Ernährungswende tritt für mehr Verbraucherschutz, Wahlfreiheit und gentechnikfreie Landwirtschaft ein
03.07.2023, Bad Vilbel
Am heutigen Montag kamen Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen der hessischen Parteien mit Vertreter*innen aus den Bereichen Landwirtschaft, Natur- und Umweltschutz sowie Verbraucherschutz auf dem Dottenfelder Hof in Bad Vilbel zusammen, um über das Thema „Gentechnik“ zu sprechen. Zu dem Treffen unter dem Titel „”Neue Gentechnik” bald auf Acker & Teller? – Was bedeutet der aktuelle EU-Vorschlag für Wahlfreiheit, Züchtung und Patente?“ hatte die hessische Allianz für die Agrar- und Ernährungswende sowie der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft eingeladen.
Hintergrund: Die Debatte um die künftige Regelung der Gentechnik in Europa ist im vollen Gange. Am 15.06.2023 war der Entwurf für eine neue EU-Gentechnikgesetzgebung bekannt geworden, mit Vorschlägen zur Regelung für die Anwendung neuer genomischen Züchtungstechniken (NGT), wie z. B. CRISPR/Cas. Der Vorschlag sieht eine Verordnung vor, die in allen EU-Länder in vollem Umfang umzusetzen ist. Kernelement des Entwurfs ist die Einteilung der durch die NGTs erzeugten Pflanzen in zwei Kategorien: eine ohne und eine mit Zulassungsverfahren. Demnach würde der Großteil aller NGT-Pflanzen in die erste Kategorie fallen und damit weder auf Risiken geprüft noch am Endprodukt gekennzeichnet werden. Der Ökolandbau soll zwar für alle Gentechnik weiter verschlossen bleiben – wie gentechnikfreie Landwirtschaft künftig sichergestellt werden könnte, beschreibt der Entwurf jedoch nicht.
In ihrem Eingangsstatement sagte Dr. Susanne v. Münchhausen (Netzwerk der hessischen Ernährungsräte): „Die bisherige Gesetzgebung in Europa zur Gentechnik hat sich bewährt und sorgt für Wahlfreiheit vom Acker bis auf den Teller. Durch den vorliegenden Entwurf wird allen Menschen in Europa diese Wahlfreiheit genommen. Eine gute Ernährungspolitik sieht eindeutig anders aus!“
Gehard Eppler (NABU Hessen) legte in seinem Beitrag den Fokus auf die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt: „Der aktuelle Entwurf berücksichtigt das Vorsorgeprinzip nicht. Denn lebende und vermehrungsfähige Organismen lassen sich aus der Natur nicht mehr einfach entfernen. Daher sollten als Konsequenz des Vorsorgeprinzips gentechnisch veränderte Organismen erst dann in die Natur freigesetzt werden dürfen, wenn sie sorgfältig und kritisch geprüft wurden und langfristig mit einem Monitoring begleitet werden können.“
Mareike Weißmüller (Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen e. V.) sagte mit Blick auf die Auswirkungen auf die ökologische Landwirtschaft: „Einerseits ist es zu begrüßen, dass der Ökolandbau für alle Gentechniken, auch die neuen, verschlossen bleibt. Anderseits sehen wir nicht, wie durch die vorgeschlagenen Regelungen Ko-Existenz von Bewirtschaftungsformen mit und ohne Gentechnik funktionieren soll.
Weißmüller fügte hinzu: „Um unsere Lebensmittelsysteme wirklich nachhaltig zu machen, müssen wir uns von vermeintlich einfachen, kurzfristigen Lösungen verabschieden. Damit steuern wir in die nächste Sackgasse von Abhängigkeiten und vergrößern die Instabilität unserer Agrar- und Ernährungssysteme. Hier möchte ich explizit darauf hinweisen, dass im vorliegenden Entwurf alle Fragen der Patentierung außen vorgelassen werden!“
Nik Hampel (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Hessen) ergänzte: Wir fordern die Bundesregierung auf, den „inakzeptablen Gesetzesvorschlag zu neuen Gentechniken“ zurückzuweisen. Die darin vorgeschlagene, nahezu vollständige Deregulierung neuer Gentechnik-Pflanzen bedeutet das Aus von gentechnikfreier konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Das Recht auf gentechnik-freie Erzeugung und das in der EU geltende Vorsorgeprinzip wird so ausgehebelt. Das geht so nicht!“
Die hessische Allianz für die Agrar- und Ernährungswende tritt für mehr Verbraucherschutz, Wahlfreiheit und gentechnikfreie Landwirtschaft ein. Denn, so das Fazit der Veranstaltung: Gentechnik schafft neue Abhängigkeiten durch Patente auf Saatgut, Pflanzen und Lebensmittel, birgt Risiken für die Umwelt und fördert ein Agrar- und Ernährungssystem, das unsere Lebensgrundlagen gefährdet.
Daher fordert die Allianz eine deutliche Nachbesserung am Entwurf für eine neue EU-Gentechnikgesetzgebung ein.
Bei Fragen zu dieser Pressemeldung stehen für Rückfragen gern bereit:
Tim Treis, Sprecher der VÖL, Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen e.V. (tim.treis@voel.de)
Dr. Susanne v. Münchhausen, Sprecherin des Ernährungsrates Frankfurt/M und Mitglied des erweiterten Vorstandes von BIONALES e.V. (s.vonmuenchhausen@ernaehrungsrat-frankfurt.de)